Die vielen Gesichter des Oskar Schindler:
Der Mann mit der Liste

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Eine neuerschienene von David Crowes vorgelegte Biographie ist, laut Dr. Mordecai Paldiel, Direktor von Yad Vashem, das "ultimative Buch über Oskar Schindler". Crowes zeigt: Schindlers Leben war noch viel zwiespältiger, als Steven Spielberg ahnte.

Schindler im Auto
mit seiner Familie (1920)

Oskar Schindler wurde am 28. April 1908 in Zwittau (tschechisch: Svitavy) geboren, das bis 1918 zu Österreich-Ungarn, danach zur Tschechoslowakei gehörte.

Sein Vater, der Landmaschinenfabrikant Hans Schindler, war ein schwieriger Mensch, ein Alkoholiker, der stets in finanziellen Schwierigkeiten steckte und nicht davor zurückschreckte, seinen Sohn wegen Veruntreuung von Geld, das er selbst gestohlen hatte, bei der Polizei anzuzeigen.

Der Rennfahrer

Den jungen Oskar Schindler faszinierte vor allem eins: der Rennsport. Bereits als 20jähriger besaß er eine rote 250 ccm Moto Guzzi, ein Rennmotorrad, das damals als eines der schnellsten in Europa galt; später fuhr er Sportwagen. Schindler nahm an mehreren Rennen teil, bis ihm das Geld ausging.

Oskar Schindler war ein ausgesprochen gutaussehender, großgewachsener Mann - nicht umsonst wird der reife Schindler häufig mit Curd Jürgens verglichen -, dem die Frauenherzen zuflogen, nicht nur das seiner späteren Frau Emilie. Eine seiner vielen Affären brachte Schindler in Kreise der reichsdeutschen Abwehr.

Spion und Nazi

In Spielbergs Film trägt Oskar Schindler ein hochrangiges NSDAP-Abzeichen. Was die meisten nicht wissen: Tatsächlich war Oskar Schindler kein gewöhnliches NSDAP-Mitglied. Ende der dreißiger Jahre galt er - so fand David Crowe heraus - bei den Nazis als Held: Zwei Jahre lang hatte Schindler als V-Mann der deutschen Abwehr das Eisenbahnnetz der Tschechoslowakei ausspioniert und die Besetzung des Landes durch die Nazis vorbereitet.

Abendgesellschaft Schindler und Nazis

1938 flog seine Spionagetätigkeit auf, und er wurde von der tschechoslowakischen Polizei festgenommen, angeblich sogar gefoltert. Bereits nach vier Monaten Haft kam er wieder frei. Kaum entlassen, machte Oskar Schindler bei der Vorbereitung des Überfalls auf Polen erneut von sich reden: Er war es, so seine Frau Emilie, der die polnischen Uniformen besorgte, die in Berlin nachgeschneidert wurden, und in denen am 31. August 1939 die Nazis den Überfall polnischer Soldaten auf den deutschen Sender Gleiwitz vortäuschten - der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Crowe weist nach, daß die vermutlich »erste Meldung« dieses Krieges von Schindlers Abwehrstoßtrupp in den Wäldern der Beskiden stammte.

Schindlers genauen Kenntnisse der Intrigen innerhalb des NS-Systems, seine Verbindungen zur Abwehr und später zur lokalen SS-Führung waren ihm in Krakau von enormer Hilfe.

Emalia (heute)

Direktor der Emalia

Am 14. November 1939 konnte Oskar Schindler dank seiner Verbindungen die Deutsche Emailwarenfabrik (kurz: £ma//o) pachten - ein ehemals jüdisches Unternehmen.
Trotz seines Parteiausweises hatte er von Anfang an keinerlei Bedenken, mit Juden zusammenzuarbeiten: Dank seines Beraters Itzhak Stern und des genialen Geschäftsführers Abraham Bankier sowie dessen Kontakten zum Schwarzmarkt wurde Schindler binnen kurzem zu einem erfolgreichen Geschäftsmann.

Im Laufe der Jahre beschäftigte Oskar Schindler immer mehr jüdische Arbeiter, zunächst aus Ko-^tengründerrfjädische Arbeiter wafert die billigsten), dann jedoch gezielt, um sie vor den Vernichtungslagern zu retten: Bei Emalia waren 150 (1939), dann 550 (1942), 900 (1943), schließlich 1000 (1944) Juden beschäftigt.

Die Emalia lag unweit des Krakauer Ghettos; täglich sah Schindler die grausamen Lebensbedingungen der dort lebenden Juden. Zum Schlüsselerlebnis wurde die Räumung des Krakauer Ghettos im März 1943, insbesondere das Massaker im Kinderheim. Um Munition zu sparen, stellten die SS-Leute die Kinder hintereinander auf und erschossen sie mit einer Kugel.

Itzhak Stern: »Schindler hat sich über Nacht verändert und war nicht mehr derselbe wie zuvor.« Tatsächlich begann Schindler von nun an immer entschlossener, den Juden beizustehen.

Schindler u.a. mit Bankier

Nach den Recherchen David Crowes wurde Oskar Schindler mehrmals von der Gestapo wegen judenfreundlichen Verhaltens vorgeladen.
Crowe zeigt allerdings auch, daß Schindlers Wandlung ein langer und keineswegs gradliniger Prozeß war. Schindler hat sich sehr weit mit den NS-Größen von Krakau eingelassen; hätte er es nicht getan, hätte er allerdings wohl kaum so viele Menschen retten können.

Amon Göth auf dem Balkon seiner Villa in Plaszöw

Die Beziehung zum Lagerkommandanten Amon Göth

Ein rätselhaftes Kapitel ist Schindlers Beziehung zu Amon Göth, dem berüchtigten Lagerkommandanten von Plaszöw, der in den eineinhalb Jahren seiner Amtszeit 8000 bis 12000 Juden bestialisch ermordete oder ermorden ließ. Schon bald nach dessen Eintreffen stand Oskar Schindler mit Amon Göth in einer Art freundschaftlichem Verhältnis. In zahlreichen »Gastereien« hielt er Göth und hohe Offiziere von SS und Wehrmacht aus, und er war selbst immer wieder Gast in Göths Villa im Lager Plaszöw. Schindler war dabei mit Göth so intim, daß er ihn mit seinem Spitznamen Mony ansprach.

Zugleich ließ Oskar Schindler 350000 RM an Bestechungsgeldern in die Taschen von Göth und anderen NS-Chargen fließen, um seine jüdischen Arbeiter zu schützen, insbesondere durch die Errichtung des Nebenlagers Emalia und später durch die berühmt gewordene Verlagerung der Rüstungsabteilung von Emalia nach Brünnlitz samt der rund 1000 jüdischen Arbeitskräfte, die dadurch der Vernichtung entgingen.

Schindlers Listen

Eine der eindrücklichsten Szenen in Spielbergs Film ist jene, in der Schindler (gespielt von Liam Neeson) Itzhak Stern (Ben Kingsley) die Namen seiner jüdischen Arbeiter und Arbeiterinnen diktiert, die auf die Liste für die Verlagerung der Fabrik nach Brünnlitz kommen sollen. Diese Szene, so Crowe, ist Fiktion.

Tatsächlich hatte Schindler nur wenig mit der Erstellung der Liste zu tun; sie wurde u.a. von Marcel Goldberg verfaßt -einem Mitglied des jüdischen Ordnungsdienstes in Plaszöw, das in hohem Maße bestechlich war. Deshalb standen auf der Liste nicht zwangsläufig nur die Namen von Juden, die seit Jahren in der Emalia arbeiteten.

Auch gibt es nicht nur die eine, sondern es existieren mehrere Listen. Wie Crowe nachweist, wird in Spielbergs Film die letzte, bereits in Brünnlitz entstandene Liste gezeigt. Daß zwischendurch immer wieder Namen ausgetauscht wurden, hatte mit Goldbergs Geldgier zu tun.

»Wer nur ein Leben rettet,
rettet die ganze Welt.«

Lager Plaszów

Oskar Schindler nach 1945

Oskar Schindlers in Krakau erworbenes Vermögen wurde durch die Verlagerung der Fabrik nach Brünnlitz vollständig aufgebraucht. Der Mann, der die Mächtigen ausgetrickst und mit ungeheurem Mut die Rettung von 1100 Juden organisiert hatte, war nach Kriegsende mittellos. Es gelang ihm nie mehr, in »normale Bahnen« zurückzufinden. David Crowe zeichnet auch die eher unbekannte Nachkriegsgeschichte von Oskar
Schindler nach: Er wanderte mit seiner Frau zunächst nach Argentinien" äiisr Jedoch wcff ctte TTeü erworbene Nutriafarm binnen kurzem verschuldet. 1957 kehrte Schindler nach Deutschland zurück, aber auch hier scheiterten sämtliche unternehmerischen Ambitionen.

Oskar Schindler pflanzt seinen Baum in Yad Vashem, Jerusalem, 1962

Dafür aber wurde er von seinen Schindler-Juden nie vergessen: Bis zu seinem Tode haben sie Oskar Schindler immer wieder finanziell unter die Arme gegriffen. 1962 erfolgte, trotz einiger Anfeindungen, die ihm sehr zusetzten, Oskar Schindlers Nominierung als ein »Gerechter der Nationen«.

Vom Held der Nazis zum Retter der Juden:
Oskar Schindler

David Crowes ultimative Biographie zeigt: Oskar Schindlers Leben war noch viel zwiespältiger, als Steven Spielberg ahnte.

»Dies ist das ultimative
Buch über Oskar Schindler

Dr. Mordecai Paldiel, Direktor von Yad Vashem

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haGalil onLine 10-08-2005