Bildungsarbeit:
Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus im Unterricht
Vom schwierigen Umgang mit Schuld und Verantwortung
Der jüdische Holocaust-Forscher Gideon Greif spricht vor Schülern des
Stuttgarter Albertus-Magnus-Gymnasiums
Der Holocaust-Spezialist Gideon Greif von der Jerusalemer
Gedenkstätte Yad Vashem hat am Albertus-Magnus-Gymnasium in Bad Cannstatt einen
Vortrag über die Sonderkommandos im KZ Auschwitz-Birkenau gehalten. Danach hat
Greif lange mit Schülern diskutiert.
Von Silke Schieber
Foto: Michael Steinert
Es sieht aus wie eine ganz normale Unterrichtsstunde.
Fach:Geschichte. Thema: Das Dritte Reich. In einem Klassenzimmer des
Albertus-Magnus-Gymnasiums steht ein Mann und spricht über das, was die Nazis
"Endlösung" nannten. Er zeigt Bilder auf dem Overhead-Projektor:
Schemazeichnungen von Gaskammern und Krematorien des KZ Auschwitz-Birkenau.
Schwarzweißfotos, auf denen Menschen zu sehen sind, die sich in zwei Reihen
aufstellen. Da, wo die Reihen enden, stehen dei Männer in SS-Uniform.
In Gideon Greifs Vortrag ist das Grauen aufgegliedert in
Daten und Fakten. Der Tonfall des Holocaust-Forschers ist sachlich. Die Schüler
hören aufmerksam zu, fast bewegungslos sitzen sie auf ihren Stühlen. Sie
erfahren von Greif, wieviel Krematorien in Auschwitz gebaut worden waren, dass
in den beiden größeren Gaskammmern 2500 Menschen gleichchzeitig ermordet werden
konnten. Auch die ersten, die sich melden, wollen etwas zu Statistik und Zahlen
wissen. "Wurden alle Juden, die nach Auschwitz transportiert wurden, gleicht
umgebracht?" fragt ein Mädchen. "Nein", antwortet Greif, "Etwa drei Viertel
wurden sofort zum Tode verurteilt, der Rest mußte Sklavenarbeit leisten." Gideon
Greif beantwortet noch viele solcher Fragen.
Doch es ist kein normale Geschichtsstunde. Das merken die
Schüler, als einer von ihnen die Frage nach der Schuld stellt: "Wie wird die
Schuldfrage von Israel her gesehen?" Vorher hatte Gideon Greif bereits
erläutert, dass er von Nazi-Deutschland spricht und nicht von "den Nazis", weil
das "zu theoretisch ist, denn es waren alles Deutsche." In Israel gebe man
Deutschland kollektiv die Verantwortung, auch den Deutschen, die heute geboren
sind, sagt Greif: "Nicht die Schuld, aber die Verantwortung."
Im Klassenzimmer wird es unruhig. (....)
Artikel: Stuttgarter Zeitung, 4.2.1999; Quelle:
cjzprojektschule.de
Literatur: Gideon Greif:
Wir weinten tränenlos. Fischer
Taschenbuch-Verlag, 19,90 DM.Liste der
Vortragsthemen von Dr. Gideon Greif
http://schule.judentum.de
Sonderkommando Auschwitz:
Wir weinten
tränenlos
Interview mit Gideon Greif...
Historiographie aus jüdischer Sicht:
Die Geschichtsschreibung der Schoah
Über Dan Michmans Historiographie der Shoah;
Konzeptualisierungen, Terminologie, Anschauungen, Grundfragen...
Beth Wolýn:
Yad Vashem in Tel Aviv
In Givataim, einem Vorort von Tel Aviv, gibt es seit 30 Jahren
eine Zweigstelle von Yad Vashem. Hier werden jährlich Seminare mit über 25.000
Teilnehmern veranstaltet...
Kontaktadresse:
Dr.Gideon Greif, 34 Herzog St., 53587 Givatayim, Israel
Tel: +972-3-571 87 98 (Durchw. 122), Fax: +972-3-732 14 58
gideon@hagalil.com
haGalil onLine 23-04-2004
|