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Otto Dov Kulka und Eberhard Jäckel:
Die Juden in den geheimen NS-Stimmungsberichten 1933-1945
Dokumente zu einem unfasslichen Kapitel deutscher Geschichte
Band 62, Droste-Verlag, Düsseldorf 2004

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Die geheime NS-Berichterstattung

Einleitung

I.

Wie aus den bisherigen Forschungen zur geheimen NS-Berichterstattung hervorgeht, glaubte das Regime nicht an das monolithische Bild von Staat und Gesellschaft, das von ihm selbst in den Massenmedien dargestellt und von der Welt meist entsprechend wahrgenommen wurde. Es entwickelte vielmehr eine eigene interne Berichterstattung, um verlässliche Informationen über die Stimmung der Bevölkerung sowie über die Aktivitäten verschiedener gesellschaftlicher Gruppen zu erlangen.

Die Berichte über die Meinungen der deutschen Bevölkerung zum nationalsozialistischen Regime und seiner Politik sollten ein möglichst authentisches Bild vermitteln, das unter anderem bei der Gestaltung der Judenpolitik herangezogen werden konnte.
Diese Art der internen Berichterstattung war keine Erfindung des nationalsozialistischen Regimes. Nach der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen hatten konservativ-autoritäre Regime in verschiedenen deutschen Staaten wie Preußen und Bayern ein System zur Überwachung ihrer Untertanen errichtet, welches sich in unterschiedlicher Form in der Kaiserzeit und in der Weimarer Republik erhalten hat. Unter dem NS-Regime wurden diese bestehenden Institutionen zusammen mit einer beträchtlichen Anzahl neuer unabhängiger Berichtssysteme zu einem totalitären Instrument ausgebaut, das in nahezu alle Lebensbereiche eindrang.

Die wichtigsten Berichte wurden vom Sicherheitsdienst der SS - dem SD -, von der Gestapo und den Regierungspräsidenten auf Lokal-, Kreis- und Regionalebene verfasst und zum Teil schließlich auf Reichsebene zusammengestellt. Parallel dazu entstanden auch Berichte der NSDAP und ihrer zahlreichen Organisationen. Solche Berichte sind in verschiedenen Archiven erhalten, wurden jedoch lange Zeit von der Geschichtsforschung völlig übersehen. Erst zu einem relativ späten Zeitpunkt erkannten Historiker dieses Material als bedeutende und ergiebige Quelle für die Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen Herrschaft und Gesellschaft im Dritten Reich; es bot zudem Einsichten in die Einstellung der deutschen Bevölkerung zu den Juden und zur antijüdischen Politik des Regimes, sowie Einblicke in Entwicklungen innerhalb der jüdischen Gesellschaft.

Einer der grundlegendsten Befunde dieses Quellenmaterials ist, daß auch nach der totalitären Gleichschaltung der heterogene Charakter der deutschen Gesellschaft und ihre politischen Ausrichtungen aus der vorangegangenen Epoche erhalten geblieben waren, was die uneinheitliche Haltung der Bevölkerung zur NS-Ideologie und Politik begründet. So wird weiterhin über die Liberalen, die Linksbewegung, die Konservativen und selbstverständlich über die nationalsozialistisch orientierte Bevölkerung berichtet.
Besonders überwacht und kontrolliert wurden die "weltanschaulichen Gegner" - Judentum, Marxismus, Liberalismus, "politische Kirchen", "Rechtsbewegung" bzw. "Rechtsopposition". Nicht weniger wichtig sind in den Lage- und Stimmungsberichten die Bezugnahmen auf die jüdische Bevölkerung als solche, auf ihre internen Aktivitäten, ihre Selbstwahrnehmung, sowie auf Entwicklungen und Veränderungen innerhalb ihrer politisch-ideologischen Strömungen und religiösen Richtungen unter dem NS-Regime, die allesamt dazu dienten, den "Gegner" besser einschätzen zu können.

Die berichterstattenden Institutionen erhielten laufend genaue Anweisungen zur Sammlung der Informationen und ihrer Weiterleitung an die übergeordneten Behörden. Einerseits waren sie angehalten, das von ihnen erhobene Bild nicht zu beschönigen. Die Anweisungen lauteten etwa: "Besonderer Wert ist auf ... eine ungeschminkte Unterrichtung" zu legen; man sollte über die "Stimmung im Lande rückhaltlos" berichten.1
Andererseits fürchteten sich die Berichterstatter, denen die oft heikle Aufgabe der Sammlung und Zusammenfassung von Informationen übertragen war, dem Regime unangenehme Aspekte weiterzuleiten. So führte die allzu realistische Beschreibung der Zustände im Dritten Reich in den regulären Berichten der Gestapo und der Regierungspräsidenten während der ersten Jahre tatsächlich zu Beschwerden Görings über den "pessimistischen" Inhalt, der die Stimmung unter der NS-Führung beeinträchtigen könnte, und schließlich zu seiner Anweisung, diese Berichterstattung im April 1936 einzustellen.
2
Die unabhängigen Berichte des SD, die bis zum Kriegsende abgefaßt wurden, waren aus demselben Grund immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt. Viele Reichs- und Parteiführer, insbesondere Goebbels, versuchten, die Einstellung dieser Berichte zu erwirken.

Die Vielzahl der uns zur Verfügung stehenden Berichte, ihre verschiedenen Gattungen und die Kontinuität der Berichterstattung über den gesamten Zeitraum des Dritten Reiches ermöglichen diverse kritische Untersuchungen und Beurteilungen. Zum einen ist eine vergleichende Untersuchung von Berichten aus dem gesamten Reichsgebiet zu einem bestimmten Phänomen oder Ereignis möglich. Zum anderen kann die Herausbildung bestimmter Tendenzen während eines begrenzten Zeitraumes in verschiedenen Regionen anhand von Überwachungsberichten der unterschiedlichen Behörden verfolgt werden. Schließlich läßt sich durch einen Vergleich der Berichtsqualität das für die unterschiedlichen Berichtssysteme bezeichnende Maß an Zuverlässigkeit feststellen.

Nach der heutigen Quellenlage darf man die SD-Berichte trotz gewisser Selektivität auf der Reichsebene zu den wohl kritischsten und realistischsten rechnen, während die von der NSDAP verfassten Berichte den Vorstellungen und Erwartungen des Regimes in hohem Maße entgegenkamen. Die Berichte der Regierungspräsidenten und der Gestapo enthalten die ergiebigsten Beschreibungen auf der mittleren Ebene der Regierungsbezirke, während die untergeordneten Lokalbehörden die detailliertesten Informationen auf ihrer Ebene lieferten. Dennoch spiegeln sich gewisse Aspekte des Lebens und der Verfolgung nicht in diesen Berichten wider, und selbst die zuverläßigsten Berichte können nur nach kritischer Prüfung ausgewertet werden.

Für wie zuverlässig man diese Quellen letztlich auch bewerten mag, eine Schlußfolgerung läßt sich mit Gewißheit bereits ziehen: Sie zeigen eben das Bild von der Stimmung der Bevölkerung, das dem Regime bei seinen Überlegungen und Entscheidungen zur Verfügung stand. Das Wissen um die Stimmung bei den Juden und vor allem um die Einstellung der deutschen Bevölkerung zu den Juden und zu den antijüdischen Maßnahmen des Regimes hat die Entscheidungen in der Judenpolitik mitbeeinflusst oder mitbeeinflussen können.

1. Staatsministerium des Innern, Berichterstattung in politischen Angelegenheiten, 17.7.1934, BayHStA Stk 106669.
2. GStA Rep. 90 P/88, abgedruckt in: Otto D. Kulka, Die Nürnberger Rassengesetze und die deutsche Bevölkerung im Lichte geheimer NS-Lage- und Stimmungsberichte, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 32 (1984), S. 595.

II.

Systematische Studien zum Verhalten der deutschen Bevölkerung gegenüber den Juden, die sich auf die vertraulichen NS-Berichte stützen, erschienen seit Mitte der siebziger Jahre. Die erste umfassende Untersuchung der "öffentlichen Meinung" zur "Judenfrage" im nationalsozialistischen Deutschland erschien 1975 zunächst in Hebräisch mit einer ausführlichen englischen Zusammenfassung und einem deutschsprachigen Anhang ausgewählter Dokumente.3
Der britische Historiker Ian Kershaw veröffentlichte 1979 und 1983 weitere systematische Studien zu diesem Thema.
4
1983 promovierte David Bankier an der Hebräischen Universität in Jerusalem zum Thema "Die deutsche Gesellschaft und der nationalsozialistische Antisemitismus 1933-1938". Seine Dissertation erschien in erweiterter Form auf Englisch und Deutsch in den frühen 1990er Jahren.
5
In Deutschland selbst wurde das Thema zunächst nur indirekt in Forschungsbeiträgen von Hans Mommsen, Ursula Büttner und Eberhard Jäckel behandelt.6
Auch einige der im Folgenden erwähnten Editionen (Boberach, Mlynek und insbesondere Wildt) eröffneten in ihren Einleitungen wichtige Einsichten in die Bedeutung der Berichte über die Juden.

Ebenfalls in Deutschland erschienen mehrere systematische Editionen aus den geheimen, sowohl reichsweit wie regional verfaßten Lage- und Stimmungsberichten, die auch den jüdischen Aspekt einschließen. In seiner 17-bändigen Ausgabe "Meldungen aus dem Reich" druckte Heinz Boberach fast vollständig die auf Reichsebene zusammengestellten SD-Berichte aus den Kriegsjahren ab.7 Infolge struktureller Veränderungen im September 1939 erschienen jedoch in diesen Berichten die bis dahin gesonderten Kapitel über die Juden nicht mehr, und das Thema wurde nur noch sporadisch erwähnt. Boberach erweiterte sein Editionswerk durch eine Microfiche-Ausgabe, in deren ersten Teil er nun auch reichsweite Berichte des SD-Hauptamts und der Berliner Gestapozentrale (Gestapa) aus den Vorkriegsjahren aufnahm.8
Michael Wildt brachte in seiner Studie zur Judenpolitik des SD in der Vorkriegszeit die bisher umfangreichste Auswahl reichsweiter Berichte des Judenreferats des SD für 1935-1938 heraus.
9
Martin Broszat und seine Mitarbeiter dagegen konzentrierten sich in ihrem seinerzeit bahnbrechenden "Bayern-Projekt" auf verschiedenste lokale und regionale Berichte aus Bayern während der gesamten Zeit des Dritten Reiches. Diese Berichte beschreiben vielfältigste Aspekte des Alltagslebens unter dem Nationalsozialismus. Aus den Abschnitten über die Juden wählten die Herausgeber jedoch nur die Stellen über die Haltung der Bevölkerung zu den Juden aus, wobei die sehr aussagekräftigen Texte über interne Aspekte des jüdischen Alltagslebens ausgeklammert wurden.
10
Quelleneditionen einer anderen Art, wie die von Klaus Mlynek über die Gestapo Hannover, die von Thomas Klein über die Provinz Hessen-Nassau und über den Regierungsbezirk Kassel, beschränkten sich auf die Jahre 1933-1936 bzw. 1933-1937, druckten die Dokumente dafür aber mitsamt den Kapiteln über die Juden vollständig ab.
11

Unser Projekt umfaßt reichsweite, wie auch regionale und lokale Berichte und verfolgt einen breiteren konzeptuellen Ansatz: Durch die Aufnahme der relevanten Abschnitte zu Juden in allen Arten von Berichten, von der untersten Lokalebene bis hin zur Reichsebene, konnten Informationen über das facettenreiche Leben und Handeln innerhalb der jüdischen Gesellschaft ebenso in die Edition aufgenommen werden wie die Informationen zur Einstellung der Juden gegenüber ihrem gesellschaftlichen Umfeld und der Politik des Regimes. Selbstverständlich enthalten die Texte auch die Berichterstattung über die Haltung der Bevölkerung zu den Juden und der Judenverfolgung.
Um an dieses Material heranzukommen, recherchierten wir, wie im Vorwort erwähnt, in Dutzenden von Archiven - angefangen vom Bundesarchiv in Koblenz bzw. Berlin bis hin zu Staats-, Landes- und Stadtarchiven. Eingesehen wurden auch die Archive in den ehemaligen deutschen Gebieten Polens. Kürzlich erfolgte ferner die Einsichtnahme in die deutschen Dokumente, die bei Kriegsende aufgefunden und in dem sogenannten Sonderarchiv (Osobyi-Archiv) in Moskau gelagert wurden. Die Suche nach verfügbaren Dokumenten erstreckte sich auf alle relevanten Texte zum Thema, ohne Rücksicht darauf, ob es sich lediglich um einen vollständigen Bericht, einen Abschnitt oder nur eine Zeile handelt. Obwohl die verschiedenen Berichtssysteme während der zwölfjährigen NS-Herrschaft ihre Form änderten und die meisten Arten der Berichte lediglich während begrenzter Zeiträume entstanden, wurden von der Machtergreifung bis zum Zusammenbruch des Dritten Reiches, kontinuierlich Berichte mit Informationen zur "Judenfrage" zusammengestellt.

Im ersten Jahr der NS-Herrschaft gab es keine zentralisierten, systematischen "Lage- und Stimmungsberichte". Dennoch ist es möglich, einen stetigen Informationsfluß dieser Art auf Lokal- und Bezirksebene auszumachen. Im April und im Juni 1934 wurden erste reichsweite Berichte des Geheimen Staatspolizeiamtes (Gestapa) und des SD-Hauptamtes verfaßt, die zu diesem Zeitpunkt jedoch wahrscheinlich nicht fortgesetzt wurden.
12
Für die Zeit zwischen Juli 1934 und März 1936 sind die systematischen Berichte der Gestapo-Stellen und der Regierungspräsidenten, die monatlich aus jedem Bezirk im Gestapa in Berlin bzw. im Ministerium des Innern eingingen, die wichtigsten Quellen. Als dieses Verfahren 1936 von Göring eingestellt wurde, existierte bereits ein entwickeltes System von SD-Berichten. Diese Berichte bezogen ihre Informationen über alle Bereiche der deutschen und jüdischen Gesellschaft aus dem gesamten Reichsgebiet auf allen Ebenen und fassten sie zu einem - ihrem Verständnis nach - repräsentativen Bild zusammen.
13
Das Material aus dem Moskauer Sonderarchiv bescherte uns unter anderem kritische Einzelkommentare und zunehmend detailliertere Richtlinien des Judenreferats des SD-Hauptamts aus den Jahren 1936 bis 1939 zu den Berichten untergeordneter SD-Stellen. Die zentralen Anweisungen und Berichte stellen den konzeptionellen Rahmen dar, und beweisen eine große Vertrautheit mit der jüdischen Gesellschaft und deren verschiedenen religiösen und politischen Richtungen und Organisationen, sowie mit den Bereichen Wirtschaft, Auswanderungsvorbereitung und Kulturleben.14

Wie oben schon kurz angesprochen, enthält das Schema der SD-Berichte aus den Kriegsjahren, der sogenannten "Meldungen aus dem Reich", keinen eigenen Abschnitt "Juden" mehr. Sie sprechen dieses Thema tatsächlich nur selten, bei einschneidenden Ereignissen, an - etwa in Berichten über die Reaktionen der Bevölkerung auf die Kennzeichnung der Juden mit dem gelben Stern ab September 1941
15 , die bevorstehende endgültige Lösung der Judenfrage 16, und die Massenvernichtung der Juden, die aber erst nach dem Bekanntwerden der Niederlage bei Stalingrad und der Entdeckung der Massengräber in Katyn 1943 indirekt zum allgemeinen Gesprächsthema wird.17

Die aus dieser Zeit erhaltenen Berichte der untergeordneten Stellen, vor allem der SD-Außenstellen aus Westfalen und Regierungspräsidenten aus Bayern, beschreiben auch den genauen Ablauf der systematischen Judendeportationen aus Städten und Dörfern seit deren Einsetzen im Herbst 1941 bis zur nahezu vollständigen "Entjudung Deutschlands" im Sommer 1943.18
Dieselben SD-Außenstellen berichten darüberhinaus über die überraschend große Informiertheit der deutschen Bevölkerung und ihre Reaktionen auf das Schicksal der deportierten Juden und den Massenmord in den von Deutschland besetzten Gebieten Osteuropas.
19 In den Berichten aus Bayern und, noch früher, aus Baden, wird hingegen auch über die Reaktionen der Juden und die zahlreichen Fälle, in denen Juden den Selbstmord der Deportation vorzogen, geschrieben. Sie geben somit seltene Einblicke in das "Alltagsleben" und den "Alltags-Freitod" der letzten in Deutschland verbliebenen Juden.20

3. Otto D. Kulka, Public Opinion in the Third Reich and the Jewish Question, in: Zion. Quarterly for Research in Jewish History XL (1975), S. 186-290, (hebr.; engl. Zusammenfassung S. XLII-XLIV; Dokumentation in Deutsch, S. 260-290). Eine gekürzte englische Version des Artikels erschien in: Michael Marrus (Hrsg.), The Nazi Holocaust. Historical Articles on the Destruction of European Jews, Bd. 5 (1989), S. 115-150. Eine erweiterte deutsche Fassung mit Schwerpunkt Nürnberger Gesetze erschien in VfZ , vgl. Anm. 2 oben.

4. Ian Kershaw, Antisemitismus und Volksmeinung. Reaktion auf die Judenverfolgung, in: Martin Broszat u.a. (Hrsg.), Bayern in der NS-Zeit II, München 1979, S. 281-348; ders., Popular Opinion and Political Dissent in the Third Reich. Bavaria 1933-145, Oxford 1983, S. 224-277, 358-372.

5. David Bankier, The Germans and the Final Solution, Public Opinion under Nazism. Oxford 1992; ders., Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die ''Endlösung'' und die Deutschen. Eine Berichtigung,1995.

6. Hans Mommsen, Was haben die Deutschen vom Völkermord an den Juden gewußt?, in: Walter Pehle, Judenpogrom 1938. Von der 'Reichskristallnacht' zum Völkermord, Frankfurt/M. 1988, S. 176-200; Eberhard Jäckel, Hitler und die Deutschen, in: ders., Hitlers Weltanschauung, Stuttgart 1981, S.137-159; Ursula Büttner, Die deutsche Bevölkerung und die Judenverfolgungen 1933-1945, in: dies. (Hrsg.), Die Deutschen und die Judenverfolgungen im Dritten Reich, Hamburg 1992, S. 67-88.

7. Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS 1938-1945, 17 Bde. & Register, Herrsching 1984 (Register 1985).

8. Heinz Boberach (Hrsg.): Regimekritik, Widerstand und Verfolgung in Deutschland und den besetzten Gebieten: Meldungen und Berichte aus dem Geheimen Staatspolizeiamt, dem SD-Hauptamt, der SS und dem Reichssicherheitshauptamt 1933-1944, [Microfiche] Teil I: Reichsgebiet mit an- und eingegliederten Gebieten; Teil II: Besetzte und angegliederte Gebiete (1939-1945), München 1999.

9. Michael Wildt (Hrsg.): Die Judenpolitik des SD 1935 bis 1938. Eine Dokumentation, München 1995, Einleitung, S. 9-64.

10. Zum Thema Juden vgl. die Dokumentation von Falk Wiesemann, Judenverfolgung und nichtjüdische Bevölkerung, in: Martin Broszat u.a.: Bayern in der NS-Zeit, Bd. I, München 1977, S. 427-486.

11. Klaus Mlynek: Gestapo Hannover meldet ... Polizei- und Regierungsberichte für das mittlere und südliche Niedersachsen zwischen 1933 und 1937, Hildesheim 1986; Thomas Klein, Die Lageberichte der Geheimen Staatspolizei über die Provinz Hessen-Nassau 1933-1936, 2 Teilbde., Köln u. Wien 1986; ders., Der Regierungsbezirk Kassel 1933-1936. Die Berichte des Regierungspräsidenten und der Landräte, 2 Teile, Darmstadt und Marburg 1985. Von weiteren ähnlichen Editionen, in denen die Dokumente zum Teil nicht vollständig abgedruckt werden, seien hier nur einige genannt: Die erste Auswahl von Lageberichten von Bernhard Vollmer, Volksopposition im Polizeistaat. Gestapo und Regierungsberichte 1934-1936, Stuttgart 1957; später Robert Thévoz u.a., Die Geheime Staatspolizei in den preussischen Ostprovinzen 1934-1936. Pommern 1934/35 im Spiegel von Gestapo-Lageberichten und Sachakten, 2 Teile, Köln und Berlin 1974; Gerd Steinwascher: Gestapo Osnabrück meldet... Polizei- und Regierungsberichte aus dem Regierungsbezirk Osnabrück aus den Jahren 1933 bis 1936, Osnabrück 1995; Wolfgang Ribbe: Die Lageberichte der Geheimen Staatspolizei über die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin 1933 bis 1936, Köln 1998.

12. Vgl. Kap. II, Dok; <110> , <139> .

13. Einsicht in die Bearbeitunggspraxis bietet der Monatsbericht des SD-Hauptamts vom November 1938, der uns in zwei Versionen vorliegt, vgl. Dok. <2550> . Zu der Art der Zusammenfassung von SD-Berichten auf Ortsebene für die reichsweiten SD-Berichte vgl. die in Anm. 15 angegebenen Dokumente.

14. Vgl. Photokopien in Yad Vashem: YVA , 0,51. OSO/48. Adolf Eichmann kritisiert hier zum Beispiel den kurz zuvor im SD-Hauptamt eingegangenen Bericht des SD-Oberabschnitts West wie folgt: ''OA . West schickte einen sehr dürftigen Bericht ein. Wenn hier Sätze gebracht werden, wie: 'Dr. Neuberger z.B. propagierte das Festhalten an den Talmud und an die Thora', so muss in solchen Fällen stets die jüdisch-politische Richtung solcher Juden mitangeführt werden." (18. August 1937)
Gut zwei Monate später werden vom Judenreferat II 112 folgende Anweisungen zur Berichterstattung mit dem Zweck ihrer Weiterleitung an die politische Führung gegeben: ''Um die Berichte zur Weiterleitung an höchste Staats- und Parteistellen geeignet zu machen, erscheint eine wesentlich klarere Linienführung im Berichtsschema erforderlich. Diese müsste etwa wie folgt aussehen:
1.) Politische Lage und Veränderungen,
2.) Wirtschaftliche Lage, Tarnungsbestrebungen usw.,
3.) Kulturelles Leben im Judentum,
4.) Verhältnis zum Ausland,
5.) Antisemitismus.
Nachrichten über Beziehungen des Judentums zu anderen Gegnern werden demnach zum Gegenstand von Einzelmeldungen gemacht.''

15. Vgl. Kap. XI und die zusammenfassenden reichsweiten SD-Berichte vom 9.10.1941, Dok. <3334> , sowie vom 2.2.1942, Dok. <3417> , Abs. ''Verwaltung und Recht. Die Auswirkung der Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden vom 1.9.1941''. Zu den vorangegangen Berichten der SD-Außenstellen auf Bezirks- und Ortsebene vgl. Dok. <3307> , <3309> , <3310> . Zusammenfassend zur Stellungnahme der Kirchenführung vgl. SD-Bericht vom 24.11.1941, Dok. <3362> .

16. Vgl. ebenfalls <3417> , Abs. ''Allgemeines'', sowie zusammenfassend am Ende des Dokuments:
''Insbesondere hätte man überall die Feststellung machen können, daß in der Allgemeinheit eine radikale Lösung des Judenproblems mehr als jeder Kompromiß Verständnis findet... Bezeichnend sei es, daß vielfach in der Kennzeichnungsverordnung nicht etwa eine abschließende Maßnahme, sondern erst ein Auftakt zu weiteren einschneidenden Verordnungen mit dem Ziel einer endgültigen Bereinigung der Judenfrage erblickt wird.''

17. Bei Katyn (nahe der russischen Stadt Smolensk) wurden im April 1943 Massengräber entdeckt, in denen die Leichen mehrerer tausend polnischer Offiziere lagen. Das Massaker war auf Anordnung Stalins von der sowjetischen Geheimpolizei im Frühjahr 1940 durchgeführt worden. Diese Entdeckung wurde von Goebbels zu einer breitangelegten Propagandakampagne gegen die Sowjetunion und die ''Greueltaten des jüdischen Bolschewismus'' benutzt. In diesem Zusammenhang beginnt in der deutschen Öffentlichkeit auch die erste intensive Erörterung der NS-Massenvernichtung von Juden. Vgl. Kap. XIII und den reichsweiten SD-Bericht vom 19.4.1943, Dok. <3567> unter Abs. 3 dort, sowie Berichte auf Orts- und Regionalebene, wie z. B. Dok. <3592> , <3594>, <3604> .

18. Vgl. die Berichte der westfälischen SD-Außenstellen von Dezember 1941 bis Juli 1942, Dok. <3388> , <3386> , <3508> , sowie die der bayerischen Regierungspräsidenten von November 1941 bis April 1943, Dok. <3380> , <3562> .

19. Vgl. die in den Anmerkungen 17 und 18 angegebenen Dokumente aus den Jahren 1941-1943: Dok. <3388> , <3386> , <3545> , <3604> , sowie <3644> und <3652> .

20. Zum ''Alltagsleben'' der deutschen Juden in der Deportationszeit vgl. Dok. <3373> , <3383> , <3393> . Zum ''Alltags-Freitod'' in den Kriegsjahren vgl. Dok. <3195> , <3376> , <3562> , <3631> .

Verweise beziehen sich auf:
Otto Dov Kulka und Eberhard Jäckel
Die Juden in den geheimen NS-Stimmungsberichten 1933-1945

Dokumente zu einem unfasslichen Kapitel deutscher Geschichte
Band 62, Droste-Verlag, Düsseldorf 2004

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hagalil.com 08-11-2004

 

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