Verfolgung jüdischer Künstler in Stuttgart:
Tatort "Württembergisches Staatstheater"
Leseprobe aus: Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland
Maier:
'Sie brauchen
nicht mehr zu kommen!' Die Verdrängung der Künstlerinnen und Künstler jüdischen
Glaubens und jüdischer Abstammung aus dem Stuttgarter Theater- und Musikleben
durch die Nationalsozialisten
76 Seiten, mit vielen Fotos, Format A 4, 8 Euro zuzüglich Versandkosten
Die Nazis mischten sich bereits in den 1920er Jahren (1) sehr aktiv in die
Kulturpolitik ein. Je mächtiger sie wurden, umso wirkungsvoller waren ihre
Angriffe auf ihnen missfallende Theaterstücke und Operninszenierungen. Dieser
Prozess beschleunigte sich nach dem 30. Januar 1933, als Adolf Hitler zum
Reichskanzler ernannt worden war und erreichte nach den Reichstagswahlen vom 5.
März 1933 alle öffentlichen und, etwas verzögert, auch alle privaten
Kultureinrichtungen.
"Die Idee des Nationalsozialismus beruht ja darauf, dem deutschen Volke die ihm
gemäße und es zum Heile führende 'Richtung' zu geben. Da der Kampf hierum im
Reich des Geistes wie in der Politik geführt werden muss kann der
Nationalsozialismus auch nicht die Mittel der Kunst entbehren. Wir sind täglich
den Auswirkungen der Kunst ausgesetzt und es kann uns daher nicht gleichgültig
sein, ob diese Beherrscherin der Herzen unser Volk verführt oder es sich zu sich
selbst, zur Erfüllung seiner Sehnsucht leitet. Und deshalb handelt es sich bei
unserer Aufgabe auch nicht um ein Nebengebiet, sondern um das Wichtigste: 'um
die Seele unseres Volkes!'."(2)
Die Kunst war den Nazis also alles andere als gleichgültig. Entsprechend
entschlossen und umfassend waren die personellen Konsequenzen, besonders für das
künstlerische Personal, aber auch für alle anderen Beschäftigten. Wie sich der
personalpolitische Übergang in die Nazidiktatur vollzog und wer warum entlassen
wurde, wird im
Folgenden am Beispiel der Württembergischen Staatstheater aufgezeigt.
Nachgezeichnet wird der Zeitraum von März 1933, dem Beginn der Entlassungen, bis
Februar 1937, als die Entlassungen infolge des "Gesetzes zur Wiederherstellung
des Berufsbeamtentums" laut Aktenlage abgeschlossen waren. Dies ist kein
vollständiger Überblick (3), denn der Lebenslauf mehrerer Personen weist noch immer
erhebliche Lücken auf.
Unmittelbar nach dem 30. Januar 1933 waren an den Württembergischen
Landestheatern zunächst keine personellen Veränderungen erfolgt. Als dann der
stramme Nationalsozialist Otto Krauß am 27. März 1933 neuer Generalintendant
wurde, besetzte er in einem ersten Schritt wichtige Führungspositionen neu.
Betroffen waren der langjährige Generalintendant Albert Kehm, der
Oberspielleiter des Schauspiels, Friedrich Brandenburg, der Oberspielleiter der
Oper, Harry Stangenberg und der Verwaltungsdirektor und stellvertretende
Generalintendant Otto Paul (4). Albert Kehm war seit 1920 Generalintendant. Er
wurde am 27. März beurlaubt und wechselte an das Freiburger Theater. Als sein
Vertrag 1935 abgelaufen war, wurde er "zur Ruhe gesetzt". Friedrich Brandenburg
war seit 1926 Oberspielleiter. Er wurde am 15. April entlassen und arbeitete
anschließend am Nationaltheater in Mannheim. Der Schwede Harry Stangenberg war
seit 1927 Regisseur und Oberspielleiter der Oper. Er kehrte nach seiner
Entlassung nach Schweden zurück.
Ein derart einschneidender Eingriff in
die Führungsebene beider Häuser war zu erwarten, denn die künstlerische Leitung
bestimmte weitgehend die Inszenierungen und damit das künstlerische
Erscheinungsbild der Theater und das bisherige entsprach nicht dem, was sich die
Nazis unter einem Theater vorstellten. Dass nicht nur der Generalintendant,
sondern die gesamte künstlerische Leitung mitten in der Spielzeit ausgewechselt
wurde, verweist darauf, dass es in den ersten Monaten der NS-Herrschaft darum
ging, den Einfluss in der Breite zu verankern und zu festigen. Entscheidende
Positionen wurden mit zuverlässigem Personal, bevorzugt NSDAP-Mitgliedern,
besetzt, damit die gesellschaftliche Umgestaltung im Sinne der NS-Ideologie
beginnen konnte. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, waren dies die ersten
politisch motivierten Eingriffe im Zuge der Umgestaltung der Württembergischen
Staatstheater.
Wie wichtig den Nazifaschisten die Schaffung einer "arischen Volksgemeinschaft"
war, zeigte sich in der Geschwindigkeit, mit der die entsprechenden Gesetze
erlassen wurden. Ein Gesetz, das die rechtlichen Grundlagen für die Entlassung
all derer ermöglichte, die aus politischen und aus "rassischen" Gründen aus der
Volksgemeinschaft ausgeschlossen wurden, war das "Gesetz zur Wiederherstellung
des Berufsbeamtentums".(5) Es wurde am 7. April 1933 verabschiedet. Bis es jedoch
flächendeckend umgesetzt wurde, vergingen noch einige Wochen. Die
Württembergischen Staatstheater konnten den vierseitigen Fragebogen, den alle
Beschäftigten ausfüllen mussten und der die Grundlage für Entlassungen lieferte, erst
Anfang August an das Württembergische Kultministerium weiterleiten.
Generalintendant Kraus entließ dennoch, denn von Einigen wusste man auch ohne
Nachweis ihrer Abstammung, dass es "Juden" waren. Bis zum 7. April fehlte
hierfür jedoch die rechtliche Grundlage.
Die systematisch Verdrängung der Menschen jüdischer Abstammung begann Ende März,
dem Tag, an dem die Nazis zum ersten reichsweiten "Judenboykott" aufgerufen
hatten. Betroffen waren die beiden Staatsschauspieler Max Marx und Fritz Wisten
(6) sowie der Kammersänger Hermann Weill. Sie zählten zu den bedeutendsten und
populärsten Bühnenkünstlern, deren Zugehörigkeit zum Judentum - nicht zuletzt
auch durch die seit Jahren betriebene antisemitische Agitation der NS-Presse —
beim Theaterpublikum und darüber hinaus bekannt war. Am Tag des "Judenboykotts"
wurde dem Opernsänger Hermann Horner (7) gesagt, dass er ab sofort nicht mehr
auftreten darf. Alle vier Betroffenen waren "Juden". Sie wurden mit sofortiger
Wirkung vom Dienst suspendiert, erhielten jedoch bis zum Vertragsende ihre
Bezüge. So wurde mit den meisten, auch den späteren, Entlassungen verfahren. Man
hielt die vertraglichen Kündigungsfristen ein, um den Betroffenen keine
juristische Handhabe gegen ihren Rauswurf zu bieten.
Noch bevor Generalintendant Krauß am 8. Mai 1933 die Aufforderung
(8) erreichte, in
den Württembergischen Staatstheatern mit der Durchführung des "Gesetzes zur
Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" zu beginnen, wurde Mitte April der
Künstlerin Eva H. (9) gekündigt, auch sie war jüdischer Abstammung. Formal war
Krauß als Generalintendant für die Entlassungen vor Mai 1933 verantwortlich.
Später verlief der erkennbare Dienstweg von den "Staatstheatern" über das
Kultministerium bis zu der "Prüfstelle beim Staatsministerium". An diese
Prüfstelle gingen die vierseitigen Fragebögen und alle weiteren
Befragungsunterlagen, die bei der Durchführung des "Gesetzes zur
Wiederherstellung des Berufsbeamtentum" die Grundlage bildeten. Nach dem 8. Mai
wurden alle Beschäftigten aufgefordert, den vierseitigen Fragebogen sofort
auszufüllen und zurück zu geben. Dies war der Auftakt zu einer vollständigen
Erfassung der persönlichen Daten aller Beschäftigten. Mit abgefragt wurde die
Abstammung. Dafür hatten
alle Beschäftigen einen sogenannten "Ariernachweis" zu erbringen. Die Antworten
dienten nicht nur als Grundlage für Entlassungen, sondern im Falle der "Juden"
für ihre gesellschaftliche Ausgrenzung und spätere Verfolgung. Bis zum Februar
1937 wurden die Befragungskriterien mehrere Male um schärfere
Abstammungsklauseln erweitert.
Als der "Prüfstelle beim Staatsministerium" im Juni 1933 noch immer keine
Fragebogen aus den Württembergischen Staatstheatern vorlagen, erhielt Krauß die
schriftliche Nachfrage nach deren Verbleib. Dieser Fingerzeig wurde im
Staatstheater richtig gedeutet, denn tags darauf forderte der stellvertretende
Kassenvorstand "alle Angestellten und Arbeiter" auf, ihre "Fragebogen [...] bis
spätestens Mittwoch den 26. Juli 1933 vollständig ausgefüllt bei der
Pressestelle (Herr Maier-Stehle) abzugeben. Fragebogen, die an die Standesämter
weitergeleitet wurden, konnten nachgereicht werden."(10) Anfang August wurden 341
vollständig ausgefüllte Fragebogen übergeben. Im Staatstheater hatte man
offensichtlich eine Vorabüberprüfung vorgenommen, denn in dem Begleitschreiben
war.vermerkt, dass sich aus den beiliegenden Fragebogen keine Beanstandungen
aufgrund des erfragten Eintritts ins Beamtenverhältnis (§2), des "Ariernachweises"
(§ 3) und der Mitgliedschaft in politischen Parteien (§ 4) ergeben hätten.
Obwohl mit der Auswertung der Fragebogen also erst Anfang August 1933 begonnen
werden konnte, hatten mindestens elf Beschäftigte zum Spielzeitende am 31.7.1933
die "Staatstheater" verlassen. Ob aus künstlerischen oder politischen
Beweggründen, ob freiwillig oder unfreiwillig, konnte nicht in allen Fällen
nachgewiesen werden, da es im Theater durchaus üblich war und noch ist, dass
Verträge über die Dauer einer Spielzeit abgeschlossen werden. Unter ihnen war
die Tänzerin Suse Rosen, deren weiteres Schicksal im Biographieteil
nachgezeichnet ist und der Schauspieler Ernst Rottluff (11). An dieser Stelle soll
der Verweis darauf genügen. Auf den 1. August wurde Reinhold Fritz (12) "gesundheitsbedingt
zur Ruhe gesetzt", wie es offiziell hieß. Der wirkliche Kündigungsgrund war
seine Ehe mit einer "Jüdin". Ein Ausnahmefall war die Entlassung der Volontärin
Dorothea Kämmerer am 28. Juni 1933. Sie geschah auf Veranlassung der
Württembergischen Politischen Polizei (13), weil sie sich beim Abspielen des
Deutschlandliedes in einem Stuttgarter Cafe (14) nicht
von ihrem Platz erhoben habe.
Anfang September waren die ersten Fragebogen ausgewertet. Daraufhin wurden die
beiden Maschinenarbeiter, Eberhard Herrmann und Christian Köger, wegen ihrer
früheren Mitgliedschaft in der KPD gekündigt (15). Beide bemühten sich um ihre
Wiedereinstellung und stellten ein entsprechendes Gesuch (16). Daraufhin wurden sie
zu einem persönlichen Gespräch über ihre politische Vergangenheit geladen.(17) Im
Fall Köger (18) stand "einer Weiterbeschäftigung [,..] nichts im Weg"(19).Die Entlassung von Herrmann
(20) wurde jedoch aufrechterhalten, da seiner vorgegebenen
Abkehr von der "marxistischen Weltanschauung" kein Glaube geschenkt wurde.
Auch der Solohornist Karl Brühl wurde aus politischen Gründen einer genaueren
Überprüfung (21) unterzogen, da er Mitglied der SPD war. Bei der Anhörung
bestätigte er seine SPD-Mitgliedschaft bis 1932 und meinte, dass er seither
geistig auf Seiten der Nazis stünde und im übrigen sei der Musiker als solcher
ja ein eher unpolitisches Wesen.(22) Nach seiner Befragung und der Anhörung
mehrerer Zeugen konnte er an der Oper bleiben.
Ende September beanstandete die Prüfstelle (23) die Anstellung der beiden
Chorsängerinnen Else Reder (24) und Emma Schlote-Booth (25) und verlangte ihre
Kündigung auf Ende November. Die Auswertung des Fragebogens ergab bei Else
Reder (26), dass sie einen jüdischen Vater hatte. Ihre Entlassung erfolgte "wegen
nichtarischer Abstammung"(27). Emma Schlote-Booth versäumte es, trotz zweimaliger
Aufforderung und der Androhung einer fristlosen Entlassung, einen
Abstammungsnachweis zu erbringen (28). Sie wurde "wegen des dringenden Verdachts
der "nichtarischen Abstammung" entlassen.
Kaum war die erste Befragung abgeschlossen, folgte im September 1933 bereits die
nächste. Dieses Mal mussten alle "Behörden und Anstalten"(29) ihre Beschäftigten
nach deren "Beziehungen [...] zur SPD oder KPD" befragen. Zu diesem Zweck wurde
ein Vordruck (30) verteilt, der innerhalb von vier Tagen ausgefüllt zurückgegeben
werden musste.
Mitte November 1933 erhielten die Württembergischen Staatstheater die meisten
eingereichten Fragebogen mit der Aufforderung zurück, sie zu den Personalakten
zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt schien die erste umfassende Durchleuchtung aller Beschäftigten
abgeschlossen gewesen zu sein. Da das "Gesetz zur Wiederherstellung des
Berufsbeamtentums" im weiteren Verlauf mehrmals geändert und ergänzt wurde,
gingen die Befragungen der Beschäftigten auch nach dem November 1933 weiter und
zogen sich bis Januar 1937 hin.
Im Mai 1934 verschärften sich die Ausschlusskriterien, indem sämtliche
Angestellten einen Abstimmungsnachweis ihrer Ehegatten zu erbringen hatten.(31) Im
Juni 1934 erging die Anordnung, dass bei zukünftigen Beförderungen oder
Vorschlägen zur Ernennung von Beamten "zum Nachweis der arischen Abstammung in
allen Fällen auch die Geburtsurkunde des Beamten und die Heiratsurkunde seiner
Eltern"(32) beizubringen sind. "Ist der Beamte verheiratet, müssen die gleichen
Urkunden von den Ehegatten beigebracht werden."(33)
Am 15.9.1935 wurde in Nürnberg zum 7. Reichsparteitag der NSDAP geladen, um über
das "Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre"(34) abzustimmen. Es wurde einstimmig verabschiedet und anschließend von
Reichstagspräsident Göhring feierlich verkündet. Vermutlich geht der
Schnellbrief des "Reichs- und Preußischen Ministers des Innern", den auch die
Württembergischen Staatstheater noch im September 1935 erhielten, auf die
Verabschiedung der "Nürnberger Rassegesetze" zurück. In dem Schreiben wurde dazu
aufgefordert, jüdische Beamte, die von drei oder vier der Rasse nach
volljüdischen Großeltern abstammen, "mit sofortiger Wirkung vom Dienst zu
beurlauben".(35) Kaum zwei Wochen später konnten die Staatstheater rückmelden,
dass dem Runderlass des Ministeriums Folge geleistet worden war und keine
Beamten beurlaubt werden mussten. Dem Schreiben beigelegt waren Erklärungen der
Beamten Schönfelder, Lutz, Guter, Noll, Sigle, Wolf und Wochner, in denen diese
bekundeten, dass sie "nicht von drei oder vier der Rasse nach volljüdischen
Großeltern"(36) abstammten.
Im August 1936 richtete der Reichsminister des Innern ein geheimes Ersuchen an
die Länderregierungen. Jetzt sollte "von allen verheirateten Beamten [...]
unverzüglich das vorgeschriebene Formblatt über die Abstammung der Ehefrau"
ausgefüllt werden und "soweit jüdisch versippte Beamte vorhanden sind, darüber
zu berichten und im einzelnen Stellung zu nehmen, ob der Beamte im Dienst belassen werden
kann oder ob seine Versetzung in den Ruhestand [...] angezeigt erscheint. [...]
Als jüdisch versippt gilt, wer mit einer Jüdin (einem Juden) [...] verheiratet
ist."(37) Das Staatstheater meldete dem Kultministerium Anfang Dezember 1936, dass
die Nachweise über die arische Abstammung der Beamten und ihrer Ehefrauen"
erbracht sind und dass sich keine Anstände ergeben hätten."(38) Im Januar 1937
bittet der Reichsminister der Finanzen in einem geheimen Rundschreiben
festzustellen, "in welchem Unfang am 2.1.1937 a) Juden; b) jüdische Mischlinge
(1. und 2. Grades); jüdisch Versippte; nicht jüdische Fremdblütige"(39) beschäftigt sind.(40) Im Staatstheater wurde die entsprechende Überprüfung
durchgeführt. Auch in diesem Fall ergaben sich keine Beanstandungen mehr.
Im Februar 1937 war die Umsetzung des "Gesetzes zur Wiederherstellung des
Berufsbeamtentums" in den Häusern der Württembergischen Staatstheater
abgeschlossen. Insgesamt wurden zwischen vierzig und fünfzig Beschäftigte
entlassen, mehr als zwei Drittel davon im Jahr 1933. Obwohl die Kündigungsgründe
nicht bei allen bekannt sind, waren vor allem Künstlerinnen und Künstler
jüdischer Abstammung betroffen. Über den Wechsel in der Führungsebene hinaus,
gab es nur einige wenige Entlassungen aus politischen Gründen.
Auffällig ist, dass schon in einem sehr frühen Stadium der Durchführung des Gesetzes mit besonderer Härte gegen
Jüdinnen und Juden vorgegangen wurde. Die Frauen Reder und Schlote-Booth hatten,
im Gegensatz zu den aus politischen Gründen Entlassenen Herrmann und Kroger und
dem einer besonderen Prüfung unterzogenen Bühl, keine Chance auf
Weiterbeschäftigung. Von einer früheren politischen Überzeugung konnte man sich
distanzieren und versuchen, die Distanz glaubhaft zu vermitteln, die jüdischen
Eltern oder Großeltern hatte man. Die Entlassung von Jüdinnen und Juden
entsprach einem Berufsverbot und zog den Ausschluss aus den jeweiligen
Berufsverbänden nach sich.
Der Blick auf den Mikrokosmos Staatstheater ist ein weiterer Beleg für die
inzwischen verbreitete Erkenntnis, dass schon zu Beginn der Naziherrschaft
erkennbar war, dass sie ihrer aggressiven antisemitischen Propaganda
entsprechende Taten folgen lassen werden. Alle Beschäftigte des Staatstheaters
konnten mitverfolgen, dass der Maschinenarbeiter Köger zuerst entlassen und
später wieder eingestellt wurde. Von den Jüdinnen und Juden kehrte niemand mehr
zurück, (ib)
Mehr zur
Publikation
Die Broschüre ist zum Preis von acht Euro u.a. beim
Stuttgarter Staatstheater und im Haus der Geschichte erhältlich. Zu beziehen ist
die Publikation über:
Mauthausen Komitee Stuttgart e.V., Römerkastell 73 A, 70376 Stuttgart
Kontoverbindung: Stuttgarter Volksbank BLZ 600 901 00, Konto-Nr. 27 65 24 004
Anmerkungen:
(1) Mehr darüber:"Zwei Stuttgarter Theaterskandale im Vergleich", in diesem Heft.
(2) StAL E 18 VII, Bd. 103, Kritikenbuch Sept. 1930-Juli 1932. Warum Kampf um die
Kunst? NS-Kurier vom 3.3.1932.
(3) Der Aktenbestand über die Durchführung des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums", der im Staatsarchiv
Ludwigsburg einsehbar ist, enthält auffällig viele Lücken. Da der Nazibürokratie
keine Nachlässigkeit unterstellt werden kann, wurden vermutlich manche Akten
vernichtet.
(4) Otto Paul ging auf eigenen Wunsch, wurde von Krauß sofort "beurlaubt" und ab
1.4.1933 "zur Ruhe gesetzt". 1939 kehrte er an die "Staatstheater" zurück, wurde
im Oktober
1944 erneut "zur Ruhe gesetzt" und war ab
1945 wieder Verwaltungsdirektor.
(5) Siehe "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" in dieser Broschüre.
(6) Siehe Biographienteil in diesem Heft.
(7) Ebenda.
8 StAL El8 V, Bü 1275: "Die Vorstände der Behörden und Anstalten werden ersucht,
das hiernach erforderliche sofort zu veranlassen", Schreiben des
Kultministeriums an Württ. Staatstheater, 8.4.1933.
(9) Siehe Biographienteil in diesem Heft.
(10) StAL El8 V, Bü 1275: Hauptkasse der Württ. Staatstheater, 24.7.1933.
(11)
"Die Kündigung erfolgte aus politischen Gründen wg. angeblicher Verbindungen
zur Kommunistischen Partei.
(12) Siehe Biographienteil in diesem Heft.
(13) Staatsanzeiger vom 28.6.1933.
(14) Es handelte sich um das Cafe Wilhelmsbau.
(15) StAL E18 V, Bü 1275: Schreiben des Württ. Staatstheaters an das Württ.
Kultministerium, 19.9.1933.
(16) Ebenda: Schreiben des Württ. Kultministeriums an Württ. Staatstheater,
10.10.1933: "Zur Nachprüfung des Gesuchs um Wiedereinstellung sind die
Personalakten der beiden Arbeiter einschließlich der Fragebogen vorzulegen. Auch
wird ersucht, eine schriftliche Äusserung der Personalabteilung der NSBO
herbeizuführen."
(17) Das Gespräch führten der Vertrauensmann der Nationalsozialistischen
Betriebszellenorganisation (NSBO) Paul Seizer und der Vertrauensmann der NSDAP,
Erich Maier-Stehle.
(18) Ebenda: Abschrift des Vernehmungsberichts: Köger gibt an, angeblich durch
einen Kollegen zum Eintritt in die KPD veranlasst worden zu sein. Sein
Parteieintritt sei "notgedrungen und durch das aufdringliche Wesen des Werbers"
erfolgt. Weiterhin erklärte er an Eidesstatt, seit Januar 1925 in keiner
Versammlung der KPD mehr gewesen zu sein und auch weder im Dienst noch außerhalb
jemals aktiv politisch tätig gewesen zu sein. Er "habe lediglich listenmäßig der
KPD angehört." Kögers Neffe, der dem SS-Sturm 4/1/13 angehörte, bestätigte die
Angaben.
(19) Ebenda: Vernehmungsbericht.
(20) Ebenda: Vernehmungsbericht. Herrmann gab an, lediglich der KPD, jedoch keiner
Unterorganisation angehört zu haben. Nachdem die KPD verboten worden war, sei er
im Frühjahr 1933 der NSBO beigetreten. "Heute gibt er an, die Utopie dieser
Irrlehre erkannt zu haben."
(21) Ebenda: "Die Prüfstelle beim Staatsministerium hat die Entlassung des
Kammervirtuos Bühl [...] beantragt".
(22) StAL E 18 VI Bü 52.
(23) Ebenda: Schreiben des Württ. Kultministeriums an das Württ. Staatstheater,
30.9.1933.
(24) Siehe Biographienteil in diesem Heft.
(25) Ebenda.
(26) Ebenda.
(27) StAL El8 V, Bü 1275: Schreiben der Generalintendanz des Württ. Staatstheaters
an Frau Elsa Reder, 5.10.1933: "Es ist uns aufgegeben, das Dienstverhältnis mit
ihnen (...) zu kündigen."
(28) Ebenda: Schreiben des Württ. Kultministeriums an das Württ. Staatstheater,
30.9.1933
(29) Ebenda: Schreiben des Württ. Kultministeriums an das Württ. Staatstheater,
4.9.1933.
(30) Persönlich beantwortet und mit Unterschrift glaubhaft bezeugt musste werden,
dass man "keinerlei Beziehungen zur SPD oder KPD, deren Hilfs- und
Ersatzorganisationen und deren Vertreter im Auslande mehr" habe.
(31) Ebenda: Schreiben Württ. Kultministerium an Württ. Staatstheater, 11.5.1934.
(32) StAL E 18 V Bü 1275 : Schreiben Württ. Kultministerium an Württ.
Staatstheater, 20.6.1934.
(33) Ebenda.
(34) Das sog. Nürnberger Rassegesetz" diente der "Reinhaltung des deutschen
Blutes" und verbot Eheschließungen und "außerehelichen Geschlechtsverkehr
zwischen Juden und NichtJuden"; nur noch Staatsangehörige "deutschen oder "artverwandten Blutes" konnten Reichsbürger sein.
(35) StAL E 18 V Bü 1275: Schnellbrief des Reichs- und Preußischen Minister des
Innern, 30.9.1935.
(36) Ebenda: Schreiben Württ. Staatstheater an Württ. Kultministerium, 10.10.1935.
(37) Ebenda: Geheimes Schreiben des Reichsminister des Innern, 20.8.1936.
(38) Ebenda: Schreiben Württ. Staatstheater an Württ. Kultministerium, 4.12.1936.
(39) Personen mit mindestens drei jüdischen Großeltern galten als "Volljude"; mit
einem jüdischen Elternteil oder zwei jüdischen Großeltern galten als "Mischling
ersten Grades" ("Halbjude"); mit einem jüdischen Großeltern-Teil galten als
"Mischling zweiten Grades" ("Vierteljude").
(40) Ebenda: Geheimes Rundschreiben des Reichsminister der Finanzen, 11.1.1937.
hagalil.com 06-11-2008
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