Es bezeichnen sich im heutigen Deutschland fast
80.000.000 Menschen mehr oder weniger als Christen. Zum Islam bekennen sich in Deutschland
etwas mehr als 2.500.000 Menschen. Zum Judentum zählen sich weniger als 80.000 Menschen.
Von allen heute in Deutschland vertretenen
monotheistischen Religionen ist die älteste das Judentum. Unsere Anwesenheit in
Deutschland ist so alt wie unsere Zerstreuung unter die Völker der Erde.
Wenn es möglich war, haben Juden für dieses Land
sehr viel getan: Die meisten waren einfache Bürger, die mit ihren übrigen Nachbarn und
Kollegen zum Wohlergehen und Gedeihen ihrer Heimat beitrugen. Wieder andere lieferten
hervorragende Erkenntnisse und Erklärungen zur Relativität von Raum und Zeit, zu
sozialen Strukturen, Gerechtigkeit und Demokratie, zum Unbewussten Geschehen in der Psyche
des Menschen und zu vielem anderen mehr. Ihre Beiträge zur Kultur dieses Landes waren von
grosser Bedeutung und untrennbar verbunden mit dem Namen und dem Ruf Deutschlands.
Nicht gelungen ist es uns, die jüdische Religion zu
erklären. Es ist nicht lange her, da wurde das Judentum kaum noch als religiöses
Bekenntnis, sondern vor allem als Rasse wahrgenommen.
Es hätte sich sicher niemand gewundert, wenn die
Juden im Dialog der verschiedenen ethnischen Gruppen des heutigen Deutschland garnicht
anwesend gewesen waeren. In vielerlei Hinsicht hätte diese Leere auch unserem Gefühl
entsprochen, und viele hätten dafür Verständnis gehabt.
Mit haGalil onLine wenden wir uns trotzdem an die
Öffentlichkeit - an die jüdische und an die nicht-jüdische. Wir meinen, daß ein
besseres Verstehen der Werte des Judentums uns allen zum Segen gereichen wird. Der Weg zum
Verstehen des Judentums führt über die Erkenntnis des g'ttlichen Ursprungs des Menschen,
der Heiligkeit des Lebens des Menschen und seiner Verletzbarkeit. Wenn wir diesem Forum
heute ein Gebet für die Opfer der Shoah voranstellen, dann tun wir dies nicht, um an ein
schlechtes Gewissen zu appellieren. Wir wissen, daß die meisten von Ihnen damals nicht
gelebt haben - genauso wenig wie wir. Wir wissen auch, daß ein schlechtes Gewissen nur
selten zum Erkennen der Verantwortung für Taten und Untaten führt, sondern viel öfter
zu Befangenheit und Aggression.
Wir glauben aber: ''Wer die Toten vergisst, vermehrt
ihr Leid''. Deshalb, und weil unser Erschrecken über das Geschehene in dieser Zeit so
gewaltig und das Fehlen der Ermordeten so gegenwärtig ist, hoffen wir auf Ihr
Verständnis und sprechen:
''El Malej
Rahamim - G'tt voller Erbarmen''