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Von Nürnberg nach Jerusalem, und nicht zurück:
Meir Schwarz - Porträt eines Nürnberger Juden

Von Uri Kellermann und Benjamin Rosendahl

Eine kleine, untrennbare Wurzel hält ihn an seinen Geburtsort. Hier trifft er sich mit Jugendlichen, halt Vorträge, spricht über seine Erfahrungen als "jüdischer Schüler in Nazi-Nürnberg", erforscht die Geschichte der Synagogen Bayerns (zusammen mit Wissenschaftlern aus Israel und Bayern) und versucht, das Angedenken an die einstige jüdische Gemeinde von Nürnberg, die zeitweise über 7.000 Mitglieder zählte, aufrecht zu erhalten.

Die Familie Schwarz war eine weit verzweigte, angesehene und alteingesessene Familie. Sie hatte mehrere große Stiftungen in Nürnberg errichtet, darunter zwei Kindererholungsstätten, das jüdische Altersheim und das Cnopsche Kinderspital. Sie prägten Nürnberg, Nürnberg prägte auch sie.

Der Vater Ludwig diente als Offizier im 1.Weltkrieg und erhielt das Eiserne Kreuz 1. Klasse. Er war Vorstand der "Adass Israel" (orthodoxe jüdische Gemeinde in Nürnberg). Im September 1937 wurde er von den Nazis in Rottendorf/Würzburg ermordet. Die Mutter, Meta, stammte aus Wiesenbach (bei Rothenburg) und "verstarb" 1940 im jüdischen Krankenhaus Fürth an "Medikamentenmangel". Meir Schwarz hatte einen Bruder, Joseph, der 1943 in Auschwitz ermordet wurde.

Meir Schwarz wurde 1926 in Nürnberg geboren. Von Anfang an war sein Leben mit der Stadt verbunden, insbesondere aber mit deren florierendem jüdischen Leben. Am 10. November 1938 –Meir war 12 Jahre alt- sah er um 6 Uhr früh die Flammen, die sich bis zum Dachgiebel der Synagoge in der Essweinstrasse –seiner Synagoge- fraßen. Er sah auch die starrenden Menschen und die Feuerwehr, die den Brand nicht löschte. Kurz zuvor hatten 5 Nazis die Elternwohnung am Melachthonplatz in Steinbühl komplett zerstört.

Der junge Meir Schwarz wollte danach nur eines: Raus, raus aus Deutschland! 1939, kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges kam er mit einem Kindertransport nach Jerusalem. Das Kapitel Nürnberg schien abgeschlossen.

Meir Schwarz baute sich ein neues Leben in einer neuen Heimat auf: Er kümmert sich um illegale Einwanderung der Juden Europas, wird Mitbegründer des Kibbutz Hafez Haim (ein von deutschen Juden gegründeter Kibbutz) und erlebt dort die Gründung des Staates Israel. Er heiratet, wird Vater von sieben Kindern, macht sein Doktorat in Botanik und spezialisiert sich in Hydrokulturen.

Genau diese Hydrokulturen sind es, die Meir Schwarz, inzwischen Prof. Dr. Schwarz, wieder nach Nürnberg bringen. Genauer gesagt, ein Kongress über salzverträgliche Pflanzen, im Jahre 1988. Schwarz nutzt die Gelegenheit, um zu den Orten seiner Jugend zurückzukehren. Als er sich dem Platz nähert, wo früher die Synagoge stand, zerreißt es sein Herz: Alles was ihm heilig war, ist jetzt eine Tankstelle. Eine Tankstelle an Stelle der Synagoge. Keine Gedenktafel ist vor Ort, kein Zeichen, dass die Synagoge jemals existierte. Prof. Schwarz fährt nach Israel zurück und schreibt ein 90-seitiges Buch über die Nürnberger Synagoge. Titel: "Die Synagoge, die nicht existierte."

Das Buch ist der Beginn eines neuen Kapitels, oder – das Wiederaufschlagen des geschlossenen Kapitels. In vielen Veröffentlichungen dokumentiert er die Geschichte der Nürnberger Juden und bewahrt so die jüdische Vergangenheit seiner Heimatstadt vor dem Vergessen. Er initiiert eine Gedächtnisstunde des 100. Jahrestags der Eröffnung der einstigen "Adass Israel"–Synagoge, hält Vorträge, spricht über seine Erfahrung als jüdischer Jugendlicher in Nürnberg, trifft sich mit der jungen Generation.

Prof. Schwarz ist Gründungsvater und Leiter des Synagogue Memorials in Jerusalem. Ein Hauptprojekt dieser Institution ist das Synagogengedenkbuch Bayerns. Eines der Hauptteile dieses Buches ist der jüdischen Geschichte Nürnbergs gewidmet.

Die Nazis verbrannten die Synagoge Nürnbergs und vernichteten die jüdische Gemeinde der Stadt. Die Erinnerung jedoch konnten sie nicht vernichten. Leute wie Prof. Schwarz helfen, sie wach zu halten. Nürnberg ist und bleibt ein wichtiger Teil im Leben von Meir Schwarz.

Bilder aus der Dokumentation Spuren und Fragmente: Jüdische Bücher, jüdische Schicksale in Nürnberg und aus Die Juden in den geheimen NS-Stimmungsberichten 1933-1945.

hagalil.com 09-11-2004

 

Jüdische Weisheit
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