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Ein Mann und eine Frau und ein Mann‹ (hebr.›Ish, Ishah Ve-Ish ‹ 1998) ist Savyon Liebrechts erster Roman. Er stand in Israel monatelang auf den Bestsellerlisten.

Ein Roman über das Ende des Schweigens nach dem Holocaust

Am Anfang ihrer Affäre mit Sha ‘ul steht eine Packung Windeln. Chamutal will gerade das Pflegeheim verlassen, in dem ihre Mutter seit kurzem lebt, als sie von einer Pflegerin gebeten wird, dem Herrn draußen auf dem Parkplatz noch etwas auszurichten: sein Vater brauche dringend neue Windeln. Als sich Chamutal und Sha‘ul gegenüberstehen und sie stotternd ihre Botschaft überbringt, ist es der Beginn eines dreiwöchigen Ausnahmezustands.

Chamutal ist neununddreißig, verheiratet, Mutter von zwei Töchtern und Redakteurin einer Psychologiezeitschrift in Tel Aviv. Wie in den meisten Familien, ist sie es, die Frau, die die Elterngeneration im Sterben begleitet. Ihr Mann und die Töchter haben rasch das Weite gesucht, als die Verwirrtheitszustände von Chamutals Mutter zunehmen. Sie ist alleingelassen in einer der existentiellsten Situationen des Lebens: sich selbst angesichts des Todes der Eltern beim Sterben zuzusehen. Der elf Jahre ältere Sha‘ul – auch er verheirateter Familienvater – erlebt im Zimmer nebenan gerade dasselbe mit seinem Vater.

Sha‘ul und Chamutal sind beide konfrontiert mit den Schmerzen, die es bedeutet, den Verfall einer Persönlichkeit, die am Beginn des eigenen Lebens stand, sowie die Auslöschung ihrer Erinnerungsfähigkeit zu beobachten. Wie in Dunkelheit eingekerkerte Gefangene drängen sie sich instinktiv aneinander, Schutz, Trost und uneingeschränkte Körperlichkeit suchend, und erleben achtzehn Tage der Leidenschaft. Doch diese Flucht vor einer kaum zu ertragenden Gegenwart ist auch von einer fast selbstzerstörerischen Lust getragen,  sich der Gefahr (des Entdecktwerdens mit allen Konsequenzen) auszusetzen.

Der Tod von Sha‘uls Vater markiert das Ende der Affäre – Sha‘ul fliegt zurück zu seiner Familie nach Chicago.

Savyon Liebrecht erzählt in ihrem ersten Roman nicht nur die Geschichte einer befristeten Liebe im Schatten des Todes, sondern greift auch ein Thema auf, das sie bereits in ihren Erzählungen verarbeitet hat: das Schweigen der Holocaust-Überlebenden über die eigenen Erlebnisse. Erst unter dem Einfluss der Alzheimer-Erkrankung bricht bei Chamutals Mutter das Verdrängte hervor, das Grauen der Schoah, gepaart mit dem Schuldkomplex der Überlebenden. Chamutal selbst muss sich eingestehen, niemals gefragt zu haben – nun ist es zu spät für ein Gespräch mit der zu echter Zuneigung unfähigen Mutter, zu der das Verhältnis ohnehin immer mehr als gespannt war. Und Chamutal fürchtet, zur eigenen Tochter Hila ebenso schon den Kontakt verloren zu haben.

Die erzählerische Gewandtheit und die Eindringlichkeit, mit der Savyon Liebrecht hoch komplexe psychologische Phänomene in einen Roman von novellistischer Dichte einzubetten vermag, verhalf dem Buch zu einem außergewöhnlichen Erfolg in Israel. Es stand monatelang auf den Bestsellerlisten

Savyon Liebrecht
Ein Mann und eine Frau und ein Mann

Roman Aus dem Hebräischen von Stefan Siebers

»Ihre Sprache ist wegweisend für die moderne hebräische Literatur.«
›Ha‘aretz ‹ © Robert Schuler

Die Autorin
Savyon Liebrecht wurde 1948 als Kind polnisch-jüdischer Holocaust- Überlebender in München geboren. Seit 1950 lebt sie in Israel. Sie studierte Philosophie und Literaturwissenschaft an der Universität Tel Aviv. Während des Militärdienstes begann sie zu schreiben. Bereits ihr erstes Buch, die Erzählsammlung ›Apples from the Desert [Tapuhim Min Ha-Midbar ]‹(1986; dt.1992 ›Äpfel aus der Wüste ‹) wurde 1987 mit dem Alterman Award ausgezeichnet. 1991 erhielt sie den Literaturpreis des Premierministers. Die Autorin gehört einem Kreis israelischer und palästinensischer Schriftsteller an, der sich aktiv für die Vermittlung zwischen beiden Literaturen einsetzt.

Neben Drehbüchern – von denen zwei mit Preisen ausgezeichnet wurden – und Theaterstücken hat die Autorin drei weitere Bände mit Erzählungen veröffentlicht: ›Horses on the Highway [Susim Al Kvish Geah]‹ (1988), ›It ‘s All Greek to Me, He Said to Her [Sinit Ani Medaberet Elecha ]‹ (1992), ›On Love Stories and Other Endings [Tzarich Sof Le-Sipur Ahavah ]‹ (1995). Sie wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Auf Deutsch war bislang allerdings nur ›Äpfel aus der Wüste ‹ erhältlich.

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Lesereise Savyon Liebrecht

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Ein Mann und eine Frau und ein Mann

 

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